Bautagtebuch September

von Dirk Emmerich

Die Stadt hat für die Sanierung des Wirtschaftsgebäudes endlich einen neuen Stahlbauer gewinnen können – und das ist eine gute Nachricht. Die ursprünglich beauftragte Firma aus Thüringen hatte den Auftrag Anfang des Jahres überraschend und ohne Angabe von Gründen zurückgegeben. Zwar kam der Bau dadurch nicht zum Stillstand, denn an einem so komplexen Projekt laufen viele Teilprozesse parallel. Dennoch, die Arbeiten im Bereich der tragenden Konstruktionen im Ostteil des Gebäudekomplexes konnten seitdem nicht so fortgesetzt werden, wie das eigentlich geplant war.  Umso wichtiger ist es, dass mit der NEUMONTA GmbH aus Neubrandenburg nun ein neuer, erfahrener Partner verpflichtet wurde.

Für die Nicht-Baufachleute unter den Lesern: Stahlbauer fertigen, verbinden und montieren Konstruktionen aus Stahl. Sie brauchen technisches Verständnis, Präzision und viel handwerkliches Geschick. Genau diese Fähigkeiten werden jetzt dringend auf der Ebene über dem „Gewölberaum" in Richtung Kornhaus gebraucht. Hier, im statisch sensiblen Teil des Gebäudes muss die historische Bausubstanz dauerhaft gesichert werden. 

Bei der letzten Bauberatung gab es einen ersten Vor-Ort-Termin.

Bereits im vergangenen Jahr hatten wir berichtet, wie stark sich die Wand des Wirtschaftsgebäudes im Laufe der Zeit geneigt hat. Über Jahrzehnte ist sie um bis zu 17 Zentimeter nach außen gekippt – eine Querversteifung existiert dort nicht mehr. Damit war klar: Ohne eine grundlegende Stabilisierung droht weiterer Schaden an der gesamten Konstruktion. 

Als erste Maßnahme wurden provisorisch acht Spannanker eingebaut (im oberen Bereich des letzten Fotos sichtbar), um die Wand vor dem weiteren Kippen zu sichern. Nun soll mit Hilfe von NEUMONTA eine dauerhafte Lösung umgesetzt werden. Geplant ist, große Stahlträger in den gegenüberliegenden Wänden der Halle zu verankern und unter Spannung zu setzen. Auf diese Weise werden die Wände wieder kraftschlüssig miteinander verbunden – das Abdriften wird gestoppt und die Statik des Gebäudes langfristig stabilisiert.

Das Verfahren, bei dem Stahlstäbe oder Träger durch das Mauerwerk geführt und verspannt werden, nennt sich Vernadelung – auch das zur Erklärung für die Nicht-Baufachleute unter uns, zu denen auch der Autor gehört.

In den kommenden Wochen wollen die Fachkräfte von NEUMONTA und der Firma DORSCH, die seit Beginn der Sanierung auf der Baustelle tätig ist, die weiteren Schritte genau abstimmen. Wenn die Vernadelung abgeschlossen ist, kann auch im „Gewölberaum" ein Gerüst aufgestellt werden, um die Restaurierung dort weiter nach oben in den Dachbereich fortzuführen.

Ein wichtiger Aspekt bei allen Eingriffen ist die Wahrung des historischen Erscheinungsbildes: Die Verankerungsstutzen der Stahlträger werden so in das Mauerwerk integriert, dass sie von außen nicht sichtbar sind. Die mittelalterliche Optik des Wirtschaftsgebäudes bleibt damit erhalten. Damit sind auch die Denkmalschützer zufrieden, die bei jedem Sanierungsschritt darauf achten, dass so wenig wie möglich verändert wird. 

In diesem Bereich des Gebäudes steht noch jede Menge Arbeit bevor. Möglicherweise muss sogar ein Teil des Daches vorübergehend entfernt werden, um alle erforderlichen Arbeiten fachgerecht durchführen zu können. Die hölzerne Dachkonstruktion zeigt an mehreren Stellen deutliche Schäden, einzelne Balken sind bereits stark angegriffen. Auch hier wird es zusätzliche Sicherungsmaßnahmen geben müssen. 

***

In der Eingangshalle konnten die Arbeiten am Mauerwerk und im Dachbereich inzwischen abgeschlossen werden. Das große Gerüst, das dort über Monate den Raum füllte, wurde abgebaut. Die Fachwerkwand ist stabilisiert, später sollen hier Fenster zur großen Backhalle eingebaut werden.

Auch an den Arkaden wurde in den vergangenen Wochen weiter intensiv gearbeitet. Drei Bögen der Mittelachse sind jetzt vollständig saniert. Im Frühjahr nächsten Jahres sollen die Arbeiten fortgesetzt werden.

Aber es bleibt dabei: Hinter jeder freigelegten Schicht wartet oft eine neue Überraschung. Immer wieder treten unerwartete Schäden im Mauerwerk zutage, die eine Anpassung der Planung erforderlich machen. Erst wenn alle Arkaden saniert sind, ist es möglich, dass das Dach über der großen Halle wieder aufgesetzt werden kann. Nein, ein konkretes Datum will niemand nennen, aber Stand jetzt, ist 2027 realistisch.