Doberaner Klostertage: Nächstenliebe und Barmherzigkeit

von Lothar W. Kroh

Bei den vielen Veranstaltungen des Vereins der Freund und Förderer des Klosters Doberan sind die jährlich stattfindenden Klostertage vielleicht das Highlight unseres Vereinslebens. 

Unter der Schirmherrschaft durch Frau Ministerin Stefanie Drese eröffnete Bürgermeister Jochen Arenz gemeinsam mit Frau Sabine Krahn-Schulze am Samstag vergangener Woche die diesjährigen Doberaner Klostertage. 

In seiner Eröffnungsrede brachte der Bürgermeister zum Ausdruck, dass das Erbe der Zisterzienser für die Stadt Bad Doberan eine Herzensangelegenheit ist. Auch in Zukunft wird sich die Stadt für den Erhalt des Klosters einsetzen, um die kulturelle, spirituelle, und touristische Bedeutung der Klosteranlage für die Anwohner und Besucher zu bewahren. In Bezug auf das Baugeschehen am Großen Wirtschaftsgebäude sicherte er zu: „Das Dach wird errichtet!". Womit das Projekt des Klostervereins „Neues Leben unter neuem Dach" zusehends in einen sicheren Hafen einlaufen dürfte. 

Frau Ministerin Drese spannte den Rahmen ein bisschen weiter und hob in ihrer Rede hervor, dass sich das Kloster in den letzten Jahren, vor allem dank des Engagements der Stadt und der Arbeit des Klostervereins zu einem Treffpunkt, ja zu einem geistig kulturellen Zentrum der Stadt Bad Doberan, entwickelt hat. In Bezug auf das gewählte Thema der Klostertage betonte sie, dass christliche Nächstenliebe als Vorbild, vielleicht auch als Mahnung gegen Hass und Hetze gesetzt werden kann und muss.

Nächstenliebe und Barmherzigkeit

Mit dem Thema der Doberaner Klostertage 2025 hat der Klosterverein in diesem Jahr ein zutiefst sozialhumanes Thema aufgegriffen, das zu den zentralen Werten des Klosterlebens, vor allem dem der Zisterzienser zählt – Nächstenliebe und Barmherzigkeit: „Sie waren integraler Bestandteil des Ordenslebens und seines Selbstverständnisses. In den Augen der Zisterzienser konnte ein Kloster nur dann vor Gott bestehen, wenn es sich um Gäste, Kranke und Arme kümmerte – gewissenhaft, regelmäßig und in geordneter Weise". Das wird im Eröffnungsvortrag von Simon Sosnitza betont (wobei der Vortragstext in klarer, anschaulicher Form von Frau Petra Wallmann präsentiert wurde, die gleichzeitig die Leitung des gesamten Vortragsteils übernommen hatte). Der in drei Teilen untergliederte Vortrag widmete sich den Themen: Gästeunterbringung, Krankenpflege und Almosenverteilung. Basierend auf den Benedikts-Regeln als spiritueller Leitfaden organisierten die zisterziensischen Mönche ihre Aufgaben in den genannten Bereichen. 

Grundlage ihrer Gastfreundschaft war die Regel, nach der: „Alle Fremden, die kommen, aufgenommen werden sollen wie Christus." Dafür gab es in den Klöstern entsprechende Gästehäuser, die meist im oder in der Nähe des Torhauses angesiedelt waren, um das monastische Leben in der Klausur nicht zu stören. Zuständig für die Gästebetreuung waren in erster Linie der Abt und der Cellerar, war also, wenn man so will, „ganz oben angesiedelt" und gipfelte unter Umständen im demütigen Ritual der „Fußwaschung". 

Von gleichrangiger Bedeutung wie die Gastfreundschaft war die Krankenpflege. Auf der Basis eines damals hochentwickelten Wissensstandes in den Klöstern wurden Kranke nach der Schwere ihres Leidens unterschieden und durch einen Infirmar betreut. Gemäß der Regel: „Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen; man soll ihnen so dienen, als wären sie Christus selbst", hatte diese Tätigkeit der Mönche einen besonders hohen Stellenwert. Die Unterbringung der Kranken erfolgte wie bei den Gästen in einem separaten Teil des Klosters, der Infirmarie.

Schließlich ging der Vortrag auf die Almosenverteilung und Armenbetreuung durch Klöster ein. Monetäre Basis dafür waren das eigene Aufkommen des Klosters und vor allem Spenden Dritter. Vor dem Klostertor wurden durch die Mönche Brot aber auch Kleidung und Schuhe an Bedürftige verteilt. Der Umfang der Almosen war mitunter beträchtlich und konnte durchaus hunderte Brote täglich betragen (auf eine konkrete „Brotstiftung" im Kloster Doberan kommt Carl Christian Schmidt in seinem Vortrag zu sprechen). Die christlichen Rituale, die bauliche Strukturen der Klöster und die Ökonomie bildeten somit eine Einheit, die dem Wohle der Menschen und vor allem von Kranken und Bedürftigen diente. 

„Das Tor ist offen – doch das Herz noch viel mehr. Dieses Ideal, in Stein, in Regeln und in tägliches Handeln gegossen, prägte den Orden und macht seine Geschichte bis heute faszinierend."

In Anschluss an diesen Plenarvortrag nahm uns Gästepater Nicodemus aus dem Kloster Stiepel mit in die heutige Welt eines aktiven Zisterzienserklosters in Bochum. Eindrücklich schilderte er das „moderne" Klosterleben, seine Herausforderungen und seine Aufgaben sowie die Unterstützung für Menschen in Not. Im Anschluss an seine Ausführungen beantwortete er eine Vielzahl von Fragen zum Eintritt in das Kloster, den Tagesablauf, die Finanzierung, den Zugang für Frauen oder die Nachwuchsgewinnung für das Kloster. 

Zur Mittagsstunde versammelten sich die Teilnehmer der Doberaner Klostertage in der „Suppenküche" der evangelisch-lutherischen Gemeinde Bad Doberan zu einem Imbiss. Hier lebten die Themen des Vormittags praktisch wieder auf und die Suppenküche zelebrierte ihre Gastfreundschaft. Über das Anliegen der Suppenküche, ihre Bedeutung als Ort für Begegnungen zwischen verschiedenen Schichten der Doberaner Gesellschaft und ihrer Gäste, informierte Barbara Niehaus, Leiterin der Einrichtung, in einem ebenfalls gut diskutierten Vortrag vor der Mittagspause. 

Am Nachmittag standen zwei weitere Vorträge an, die sich mit Stiftungen der Armenfürsorge im Kloster Doberan (Superintendent i.R. Carl-Christian Schmidt) und der Familie Bülow im Kloster Doberan beschäftigten (Detlev Werner von Bülow). An konkreten Beispielen erläuterte Carl-Christian Schmidt die Bedeutung von Stiftungen für die Armenfürsorge, speziell im Kloster Doberan. Verbürgt ist zum Beispiel eine mittelalterliche Brotstiftung, bei der fortwährend(!) durch das Kloster Doberan an jedem Freitag 60 Brote (jedes ca. 1kg) an Bedürftige verteilt wurden. Möglich waren solche Brotstiftungen durch Spenden Vermögender, die zu ihrem eigenen Seelenheil beträchtliche Summen Geldes investierten. Damit trugen sie aber zugleich zur Linderung von Not und Hunger der armen Bevölkerung bei. 

Detlev Werner von Bülow verband in seinen Ausführungen das karitative Wirken seines Hauses mit der Geschichte der Bülow-Kapelle im Doberaner Münster. Zwar gibt es nur wenige belegte Beispiele für eine Verbindung des Hauses Bülow mit dem Kloster Doberan, doch werden Stiftungen erwähnt, die in die Epoche von vier Bülow'schen Bischöfen fallen. Daraus ergibt sich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Bülows eine Grablege im Kloster Doberan gegründet haben.

Sehr eindrücklich war anschließend der Gang in die Kapelle selbst, den die Teilnehmer der Veranstaltung am späten Nachmittag unternahmen. Detlev Werner von Bülow, Carl Christian Schmidt und Martin Heider gaben sich hier die Stichworte für die Themen und erläuterten die Kapelle, ihre Historie, ihre Bedeutung und schließlich den Bau selbst und die Ausmalung. Überraschend für einige war die Information, dass die Gesichter der aktuell dargestellten historischen Personen das Konterfei von Familienmitgliedern aus der Zeit der Restaurierung der Bilder tragen. Eine der Personen soll nach Meinung von Carl Christian Schmidt die Gesichtszüge von Michael Gorbatschow haben. Eine Vermutung(?), die mit ein wenig Humor betrachtet, durchaus als möglich betrachten könnte.

Den Abschluss des Vortragstages bildete eine Andacht, die Petra Wallmann, Oberkirchenrätin i.R., feierte. Die wenigen Minuten der Besinnung durch die Orgelmusik und die Worte der Andacht ließen den Tag in angemessener Form ausklingen.  

Am Folgetag, dem Sonntag, nutzten einige Teilnehmer der Doberaner Klostertage das Angebot zu einer kleinen Exkursion, um mit Sabine Krahn-Schulze, Vorsitzende unseres Vereins und Martin Heider, Münsterkustos, die Orte im Kloster aufzusuchen, die örtlich und baulich mit der Armen-und Krankenfürsorge und der Gästebetreuung verbunden waren. 

Damit schließt sich der Themenkreis der diesjährigen Doberaner Klostertage und es bleibt festzuhalten, dass es den Organisatoren und Aktiven des Vereins wieder gelungen ist, eine interessante, lehrreiche und von den Vortragenden gut besetzte Tagung zu organisieren. 

Vielen Dank!