von Lothar W. Kroh
Der Klosterverein hatte vom 01.10. bis 04.10.2024 zu einer Exkursion zum Doberaner Tochterkloster Pelplin in Polen geladen. 25 Teilnehmer begaben sich am Dienstag in aller Frühe mit einem Bus der Firma Joost und der Segnung von unserem Mitfahrer, Pfarrer a.D. Andreas Timm, auf die Reise.
Kammin
Erstes Ziel war Kammin in Vorpommern, der erste pommersche Herzogs- und Bischofssitz aus dem 12. Jahrhundert. Während der Fahrt dorthin informierte uns Petra Zühlsdorf-Böhm über einige wichtige Details zur Geschichte Pommerns. Die spätromanische/frühgotische Bischofskirche von 1172, die wir am späten Vormittag erreichten, empfing uns in ihrem schönen roten Backsteinkleid
Petra übernahm auch die Führung in der Kirche und machte uns auf bauliche und kunsthistorische Sonderheiten aufmerksam. Nach dem Besuch von Kirche und Kreuzgang hatten wir die Mittagszeit erreicht und suchten nach einem schönen Plätzchen für ein Picknick. Das war schnell gefunden und so machten wir es uns am Ufer des Kamminer Haffs bei Fingerfood, Kaffee und Kuchen gemütlich. Und sie dürfen es glauben, der Käsekuchen oder das mit Kräuterbutter belegte Schwarzbrot von Marianne Zentner waren einfach genial.
Lauenburg, Kamienica Krolewska, Oliwa
Nach den ersten 250 km bis Kammin lagen nun wieder 250 km vor uns, das Ziel war die polnische Stadt Lebork (Lauenburg), 70 Kilometer vor Gdansk (Danzig), die auf eine Gründung durch den Deutschen Ritterorden Anfang des 14. Jahrhunderts zurückgeht. Auch das heute relativ unspektakuläre Burggebäude in Lauenburg wurde 1363 vom Deutschen Orden gegründet und hat heute weder im Inneren noch Außen historische Details aufzuweisen. Interessant sind vielleicht ein schöner Renaissancegiebel und das dem Haus vorgelagerte Mühlengebäude. Interessanter war dann schon eine Gedenktafel, die uns während des Stadtrundganges aufgefallen war und die an Paul Nipkow erinnert, der 1860 in Lauenburg geboren wurde. Er gilt als der Erfinder der 24-Lochscheibe, dem Vorläufer der mechanischen Fern(seh)übertragung, für die er 1884 ein Patent erhielt.
Der Abend des ersten Tages brachte uns dann aber doch noch ein Highlight. In unserem Hotel Palace Godetowo in der Nähe von Lauenburg trafen wir auf Wincenty Pytlik, einen heute kaschubischen Pfarrer der Gemeinde Kamienica Krolewska, der kurzweilig und äußerst belesen über seine Tätigkeit in der Gemeinde und als Franziskanerbruder in der Grabeskirche in Jerusalem berichtete.
Der nächste Tag sollte uns dann gleich wieder mit Pfarrer Pytlik zusammenführen, denn er lud uns in eine seiner Pfarrkirchen ein und erzählte über die Entwicklung der Kirchen in Polen, insbesondere in der Kaschubei, einem nordöstlichen Landstrich in Polen mit eigener Ethnie. Im Anschluss an die Visite in Kamienica Krolewska ging die Reise für uns weiter nach Oliwa, einem kleinen Vorort von Danzig, genauer gesagt zum Zisterzienserkloster Oliwa. Petra übernahm wieder die Führung durch die Abteikirche, die ab 1186 erbaut wurde. Fachkundig informierte uns Petra über eine Vielzahl barocker Kostbarkeiten, wie zum Beispiel den ungewöhnlich imposanten Wolkenaltar oder die gewaltige Orgel im westlichen Mittelschiff. Die Abteikirche selbst liegt neben dem Bischofspalast in einem schön angelegten Park, den wir auf eigene Faust erkunden konnten. Einige von uns besuchten auch die kleine Ausstellung eines rumänischen Malers, Nicolae Grigorescu, im Bischofspalast.
Eine Randnotiz der Geschichte sei hier noch erwähnt, nämlich dass in der Mitte des 17. Jahrhunderts im Vertrag von Oliwa, die Souveränität Brandenburgs auf das Herzogtum Preußen, vertreten durch Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten, besiegelt wurde. Das wiederum war die Voraussetzung dafür, dass sich Kurfürst Friedrich III. in Königsberg als Friedrich I., König in Preußen, selbst krönen konnte.
Pelplin
Wieder im Bus, sollte es nun (endlich!) nach Pelplin gehen, 60 Kilometer südlich von Danzig. Und dann waren wir da, bei der „schönen Tochter“. Zunächst empfing man uns im Refektorium des Collegium Marianum, das seit 2000 ein gemischtes Gymnasium (Liceum Katolickie) mit angeschlossenem Internat für die männlichen Schüler beherbergt. Nach dem Abendessen im Refektorium trafen wir uns noch zu einer kleinen Andacht in der Kapelle des Collegiums. Ein polnischer Schüler des Collegiums erzählte uns in gutem Deutsch über das Leben an der Schule und beantwortete Fragen zur Ausstattung der Kapelle.
Natürlich darf man nicht erwarten, dass uns der Standard der Unterkunft von Godetowo auch im Marianum erwarten würde. Am ehesten würde man es mit einem Internat mit langen Fluren und fröhlichem Jugendleben vergleichen. Aber Punkt Zehn trat Ruhe ein und ich glaube, wir hatten alle nach dem anstrengenden Tag eine gute Nachtruhe.
Gestärkt mit einem Frühstück konnten wir nun endlich unsere Tochter auch innen bewundern. Eine polnische Begleiterin erläuterte uns in gutem Deutsch den Dom zu Pelplin, seine Bauweise, seine Ausstattung und die Vielzahl an barocken Altären. Wieder war es der barocke Altar im Mittelschiff, der übrigens zu den größten in Europa zählt, der die Aufmerksamkeit aller auf sich zog. Überraschend war für uns alle die Ähnlichkeit der Bauweise des Pelpliner Doms mit dem des Doberaner Münsters. Das macht natürlich ein wenig stolz, wenn sich das Gesicht der Mutter in dem der Tochter widerspiegelt. Klostervereins-Vorsitzende Sabine Krahn-Schulze machte uns an verschiedenen Stellen im auf bauliche Besonderheiten im Pelpliner Dom aufmerksam, die man als Laie garantiert übersehen hätte. Eine wunderbare beeindruckende Erfahrung, die wir alle mitnehmen dürfen.
Eine wichtige Begegnung hätte ich in meinem bisherigen Bericht fast übersehen, die Begrüßung durch die örtlichen Honoratioren. Der Bürgermeister und der Schulleiter ließen es sich nicht nehmen, uns am Morgen ihre persönliche Aufwartung zu machen.
Bei einem lockeren Gespräch wurden wir nicht nur mit Kaffee und Kuchen bewirtet, sondern beide Seiten wollen versuchen, die 2011 in Doberan gestartete Zusammenarbeit wiederzubeleben. Kathrin Engelmann wird zukünftig von unserer Vereinsseite die Kontakte nach Pelplin halten und versuchen diese auszubauen.
Das Diözesianmuseums, das wir anschließend besuchten und dessen Direktor übrigens der uns mittlerweile gut bekannte Pfarrer Pytlik ist, beherbergt neben liturgischen Geräten, Bildern und Statuen, eine originale Gutenberg Bibel und zwei der sehr seltene Mantelmadonnen.
Marienburg
Als nächstes Ziel für diesen Tag stand die Marienburg auf dem Programm. Mit großen Erwartungen und ohne Regen, der uns über den ganzen Vormittag begleitet hatte, langten wir gegen 14.00 Uhr in der Marienburg an. Millionen von roten Backsteinen müssen hier vermauert worden sein. Ein phantastisches Panorama der Burg ergibt sich, wenn man über einen Flussarm der Weichsel, dem Nogat, zur Marienburg blickt.
Das Ensemble der Anlage ist von höchster Ästhetik und es wird einem schon warm ums Herz, wenn man durch die Goldene Pforte in die heilige Kirche der Jungfrau Maria im Hochschloss geht. Michael Reh begrüßte uns in der Burg und übernahm für die Führung. Superlative Worte müsste man verwenden, wenn man den Eindruck dieser riesigen Hauptburg des Deutschen Ritterordens beschreiben wollte, den sie auf uns alle machte. Zwei der beeindruckendsten Raumensembles, die polnische Restauratoren nach den Kriegszerstörungen wieder in altem Glanz erstehen ließen, möchte ich dennoch erwähnen. Das sind zum einen der sogenannte Sommer- und der Winterremter im Hochmeisterpalast und die eben erwähnte Marienkirche im Hochschloss.
Aber wie es immer ist, zu wenig Zeit, um all die Herrlichkeiten auch zu verinnerlichen und genießen zu können. Ein letzter Besuch auf unserer Reise führt uns in eine weitere Ordensburg, nach Mewe, dem heutigen Gniew. Hier steht die typische Vierflügelanlage einer Festung, baulich erinnerte sie mich an den „Tower of London“, die dem Deutschen Orden als Grenzfestung diente.
Das eigentliche Gebäude der Burg ist heute Hotel eines großen Milchverarbeiters und nicht zugänglich. Aber wir hatten mittlerweile sowieso Hunger und so freuten wir uns schon auf den schönen Ausklang des Tages bei „Brot und Wein“. Das Brot war dann ein wohlschmeckendes Menü und wer wollte, konnte Wein und auch Desserts genießen. Mit dem Bus ging es dann zu fortgeschrittener Stunde in Richtung Pelplin zurück.
Nach einer guten Nacht verabschiedeten wir uns am nächsten Morgen herzlich von unseren überaus freundlichen Gastgebern. Der gegenseitige Besuch in Doberan und in Pelplin wurde für das kommende Jahr vereinbart.
Als Fazit bleibt eine wirklich wunderbare Reise zur Tochter mit einer Vielzahl an schönen und großartigen Eindrücken. Aber das ist zugleich ein guter Grund, Pomerellen wieder zu besuchen, die Menschen kennenzulernen und vielleicht auch die kulturhistorischen Kenntnisse weiter zu vertiefen.