Von Lothar W. Kroh.
Am Wirtschaftsgebäude des Klosters Bad Doberan kann jeder Vorübergehende den Fortschritt der Bauarbeiten verfolgen. Wir berichten hier auf dieser Seite und auch auf Instagram regelmäßig darüber.
Nicht so sichtbar, weil hinter den dicken Backsteinmauern des Münsters verborgen, sind die Sanierungsarbeiten an der Gewölbedecke des Münsters. Hier ist ein erster wichtiger Schritt abgeschlossen. Das riesige Baugerüst ist vom Altar ein Stück weiter in den Kirchenraum gezogen. Damit ist der Blick frei auf die restaurierte Gewölbedecke über dem Hochaltar. Risse und Schäden in der Decke sind fachmännisch restauriert und die Stabilität der mittelalterlichen Deckengewölbe wiederhergestellt worden.
Über diese Arbeiten im Münster haben kürzlich Münsterkustos Martin Heider und der Restaurator in einem gemeinsamen Vortrag informiert. Im Publikum zahlreiche Mitglieder des Klostervereins und interessierten Zuhörer, vorrangig aus Bad Doberan. In seiner ihm eigenen angenehmen Art stellte Martin Haider die Sanierungsarbeiten in den Kontext seiner historischen Recherchen in den Archivalien. Martin Heider erläuterte, dass die Ausbesserung von Schäden und die bauliche Sicherung des Münsters schon immer immer eine Prämisse der Landesherren in Schwerin und Güstrow war. Dazu muss man wissen, so Martin Heider, dass der Untergrund des Münsters auf einer sogenannten Tonlinse zwischen zwei Wasserläufen liegt. Deshalb war es von Anfang an eine große Herausforderung den riesigen Bau stabil zu halten.
Die Baumeister des Mittelalters nutzten hier erstmals eine Bauform, die notwendigen Strebepfeiler für das Gewölbe nicht sichtbar zu machen. In anderen Kirchen des Ostseeraumes, wie zum Beispiel in Lübeck, sind diese Strebepfeiler stets in das optische Gesamtkonzept des Baus einbezogen und man kann sie klar im Kirchenraum erkennen. Anders in Bad Doberan. Hier wurden sie unter den Dächern des Haupt- und der Seitenschiffe eingebaut. Die Zisterzienser wollten, dass das Bauwerk nicht vordergründig Größe und Prunk ausstrahlt, sondern erhaben wirkt. Deshalb versteckten sie die Strebepfeiler, was jedoch eine Herausforderung für die Stabilität darstellte. Neben den Strebepfeilern wurde sogenannte hölzerne Zuganker eingebaut, um die Statik gewährleisten zu können. Diese befinden sich im Inneren der Seitenschiffe, zwischen den Pfeilern des Lang- und Querhauses und sorgen für die fragile Balance des Gesamtbauwerks. Das war ein neues Herangehen und daher war das Münster für die Zisterzienser eine Art Experimentalbau. Aber sie erreichten, was sie angestrebt hatten. Der gesamte hochaufstrebende Teil des Münsterbaus wirkte so leichter und auch ästhetischer.
Doch zurück zum aktuellen Baugeschehen. In akribischer Kleinarbeit wurden zunächst die Gewölbe in 15 bis 20 Metern Gerüsthöhe und zugleich vom Dachstuhl aus vom „Schmutz der Jahrhunderte“ gereinigt, Risse und Schäden aufgespürt und fachmännisch durch spezielle Zementmischungen verschlossen.
Dabei wurden und werden weitere Eigenheiten der Bauweise deutlich. Die schon erwähnten hölzernen Zuganker im Längsschiff oder der Vierung zeigen ein für Laien ungewöhnliches „Durchhängen“. Was zunächst irritiert, ist aber völlig in Ordnung so. Wären diese Anker auf Zug gespannt, läge eine Instabilität der Standsicherheit der die Gewölbe tragenden Pfeiler vor. Das heute verwendete Baumaterial genügt höchsten Ansprüchen und gewährleistet eine weit höhere Qualität als die früher verwendeten Ziegel oder der Kalk. Diese wurden von den Mönchen seinerzeit aus dem nahe gelegenen Brodhagen herangekarrt. Auf der Straße von Brodhagen nach Steffenshagen gibt es noch heute an einem abzweigenden Weg das Gelände „Am Kalkberg“. Von dort stammt wohl der für den Bau des Münsters notwendige Kalk vor 800 Jahren.
Die Arbeiten am Gewölbe werden in den nächsten Monaten weitergehen.
Das Münster hat die Jahrhunderte überdauert und steht als „feste Burg“, um mit Luther zusprechen, seit knapp 800 Jahren mitten in Bad Doberan. Vielleicht kann man ohne Übertreibung sagen, das Münster ist Bad Doberan.