Die Landesvertretung MV in Berlin lädt ein

von Lothar W. Kroh

Der Herbst ist eine Zeit, in der nach dem Urlaubsmonaten wieder vermehrt Kunst und Kultur in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses rücken. Auch unser Verein hatte vor einiger Zeit schon Gelegenheit, mit einer gut besuchten Ausstellung über die Klosterstätten in Mecklenburg-Vorpommern das Interesse von Besuchern der Landesvertretung M-V zu wecken. Regelmäßig werden Vertreter unseres Vereins zu den Veranstaltungen eingeladen, die die Gelegenheit bieten, in Gesprächen mit Abgeordneten, Fachleuten und Besuchern über die Entwicklung Kulturlandschaft in Bad Doberan, speziell dem Zisterzienserkloster Doberan zu informieren und neue Publikationen aus unserem Verein zu präsentieren.

In diesem Jahr wurde von der Landesvertretung Anfang November auch eine „historisch" orientierte Veranstaltung organisiert, die in Form einer Buchpräsentation ein eher dunkles Kapitel der DDR-Geschichte aufgreift. Mit wissenschaftlicher Akribie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Greifswald (federführend) das Schicksal von Republikflüchtlingen an der „nassen Grenze", also der Ostsee dokumentiert und die Ergebnisse in einem Handbuch mit dem Titel: „Tödliche Ostseefluchten" publiziert. Ich möchte kurz über den thematischen Inhalt der Veranstaltung berichten. 

Die Autorinnen und Autoren gaben zunächst einen Überblick über ihre Arbeiten und standen anschließend für Fragen der Teilnehmenden zur Verfügung. Der beeindruckenden, akribischen Arbeit des Forscherteams ist es zu verdanken, dass mehr Licht in das Geschehen der Ostseefluchten in der Zeit vom Mauerbau bis Ende 1990 gebracht werden konnte. Von den nachweislich 6892 Fällen insgesamt, sind 913 Fluchten glücklich verlaufen, viele Festnahmen und 174 Todesfälle zu betrauern, von denen wurden knapp 100 Fälle rekonstruiert und teilweise aufgeklärt wurden. 

Eine wichtige Rolle als Ausgangsort für die Fluchten scheinen neben der Insel Hiddensee und dem Darß auch Heiligendamm und Kühlungsborn gespielt zu haben. In zwei konkreten Fällen aus dem Jahr 1962 war der Ausgangspunkt der Flucht Heiligendamm, oft im Monat November wegen der trüben nebligen Wetterlage. 

Vier jungen Menschen starteten im November nach einer Übernachtung im Max-Planck-Haus (ehem. Palais Reuß, sie hatten sich offenbar verspätet) mit zwei Faltbooten vom Strand in Heiligendamm, direkt am Großen Wohld. Der Kompass der einen Paddelbootbesatzung ging in der Hektik des Einsteigens verloren und so irrte die Besatzung wohl eine Nacht lang auf der See vor Kühlungsborn umher. Am Morgen des nächsten Tages wurden die Zwei von Grenzsoldaten in Kühlungsborn festgesetzt, später verurteilt und ins Gefängnis gesteckt. Das zweite Boot fand man später in Schleswig-Holstein ohne Besatzung, die war auf der versuchten Überfahrt ertrunken. 

Die zweite Flucht eines jungen Mannes aus Berlin startete mit einem Kahn aus dem Hinterland des Conventer Sees, der versuchte, über die Jemnitzschleuse auf die freie See zu gelangen. Auch diese Flucht verlief zunächst erfolgreich, dann aber tragisch und der Mann ertrank. Eine bittere Zeit für alle die, die den Weg in die Freiheit suchten und ihn mit dem Leben bezahlen mussten. 

Auch wenn das Thema der Veranstaltung nicht im direkten Bezug zu unsrer Arbeit im Verein steht, gab es doch Gelegenheit, Meinungen und Ansichten auszutauschen und Kontakte zu pflegen, um die Verbindung vom Land M-V und unserem Verein, auch in Berlin, weiter auszubauen.